Warum Gestalten immer auch Forschen bedeutet

Design ist in den Augen vieler einfach nur das „schön machen“ eines Mediums oder Gegenstands. Wir Designer sehen das ganz anders. Das „schön machen“ ist nur die Spitze des Eisbergs. Manchmal geht es auch gar nicht ums „schön machen“. Stattdessen wird versucht, etwas besonders häßlich, schockierend oder unkonventionell darzustellen. In welcher Tonart Kommunikation daherkommt, liegt einzig an der Erwartung der Zielgruppe. Und zu einem sehr hohen Prozentsatz wird etwas Schönes, Gefälliges erwartet. Design, das bedeutet Kommunizieren und demnach mit unterschiedlichen Erwartungen umgehen. Natürlich kann man den Erwartungen auch absichtlich nicht entsprechen, nur um sie dann aber doch wieder in irgend einer Form zu bedienen. So sind die Regeln. Wenn Kommunikation es nicht schafft, Erwartungen zu bedienen, bleibt sie erfolglos.

Nicht umsonst heißt unser Studiengang „Visuelle Kommunikation“. Der Begriff trifft den Sachverhalt gegenüber dem Allerweltswort „Design“ schon eher. Es geht also um Kommunikation, um die Vermittlung von Lern- oder Informationsinhalten. Die Kommunikation findet visuell und textuell statt, meist als eine ausgewogene Kombination aus beiden Elementen. Den Medien und ihren Verknüpfungen untereinander sind keine Grenzen gesetzt.

Egal welche Medien Verwendung finden, bei der Entwicklung von visueller Kommunikation ist es ganz besonders wichtig, dass die zu vermittelnden Inhalte von der Zielgruppe so verstanden werden, wie sie gemeint sind. Exakt die beabsichtigte Botschaft soll den Rezipienten erreichen und nicht irgend eine Botschaft. Das ist nicht immer einfach, denn im Vorfeld ist eine umfassende Recherche nötig, soll die Kommunikation auch tatsächlich gelingen.

Zunächst einmal ist es wichtig, sich über die übergeordnete Botschaft klar zu werden, die man vermitteln möchte. Dazu ist umfassendes Wissen über den Sender nötig. (In der Regel handelt es sich dabei um ein Unternehmen oder eine Organisation, etc.) Sind die Srategien und Ziele des Senders analysiert, können „Vision“ und Kommunikationskonzept erarbeitet werden.

Es stellt sich weiterhin die Frage, wen die Botschaft erreichen soll. Dazu macht man sich ein genaues Bild von ihrem Empfänger. Neben der Verwendung von analytischen Verfahren geht es auch darum, sich in die Zielgruppe einzufühlen: Ihre Motive und Wünsche zu erkennen, ihren Wissensstand zu ermessen, Maßnahmen auszumachen die ankommen oder eher auf Ablehnung stoßen. Instinkt ist für den Visuellen Kommunikator grundlegend, um gute Kommunikationsleistung zu erwirken. Es geht niemals um die eigenen Vorlieben oder Abneigungen. Gute Kommunikation ist völlig neutral und dient einzig allein der Botschaft, die sie vermittelt im Spannungsfeld zwischen Sender und Empfänger. Als Visueller Kommunikator ist man Versteher und Vermittler unterschiedlicher Gedanken- Empfindungs- und Wissenswelten. Erst mit der Zeit gelingt es, ein treffsicheres Gefühl dafür zu bekommen, was angemessen ist und was nicht, denn es erfordert viel psychologisches Geschick und Fingerspitzengefühl, das sich erst durch jahrelange Übung einstellt.

Sind übergeordnete Botschaft, Sender und Empfänger analysiert und verinnerlicht, geht es endlich zur Sache. Um welche Sachthemen handelt es sich? (z.B. Maschinenbau, Satellitentechnik, komplexe IT-Systeme, Lernanwendungen, Compilance Themen, etc.) Welche Informationstiefe ist auf Sachebene für die Zielgruppe angemessen? Welche Sprache, welche Tonart wird gewählt, um adäquat anzukommen? All diese und noch weitere notwendigen Entscheidungen können nur getroffen werden, wenn das Sachthema zu einem gewissen Grad durchdrungen wurde.

Das ist das spannende an unserem Beruf. Als Kommunikations-Spezialisten dürfen wir uns immer und immer wieder in neue Themenkreise einarbeiten. Die Einarbeitung geht natürlich nicht so tief, wie die des Fachspezialisten, aber immerhin ist es möglich, im Laufe eines Designer-Lebens in so einige Themenkreise hineinzuschnuppern und sich eine interdisziplinäre Themenvielfalt zu erarbeiten.

Warum kann ein Unternehmer die Kommunikation für sein Unternehmen in den seltensten Fällen selbst in guter Qualität erstellen? Weil ihm der Abstand zu dem Dreieck aus Sender Empfänger und Botschaft (auf übergeordneter und auf Sachebene) fehlt. Gerade wenn man nicht ganz so tief in einem Thema steckt, ist es leichter, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden und vermeintliche „Selbstverständlichkeiten“, an die der Fachspezialist gar nicht mehr denkt, als für die Zielgruppe wichtige Informationen zu erkennen.

Und was hat das alles mit Forschen zu tun? Nein, ich rede hier nicht von empirischer Forschung. Ich rede hier von der Erforschung der Welt, die sich in Form von Erfahrung niederschlägt. Eine Anhäufung von Wissensfragmenten und deren wenig objektive Verknüpfung. Ich arbeite noch daran, wie sich das in eine empirische Forschungsvariante gießen lassen könnte. 🙂

Falls jemand hierzu eine Idee hat, kann er/sie es mich gerne wissen lassen.

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